Predigt vom Sonntag, 7. Juni 2020

Predigt zum Sonntag Trinitatis                  Versöhnungskirche, Schorndorf
über 4. Mose 6,22-27                                Gottesdienste am 06. / 07.06.2020
                                                                    Pastor Hermann Hanselmann

Gnade sei mit uns - und Friede,
von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus,
der da ist und der da war und der da kommen wird.
Amen!

Der Wochenspruch zum Sonntag Trinitatis steht im 2. Korintherbrief 13,13
: 
  
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes
   und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!

22     Und der HERR redete mit Mose und sprach:
23     Sage Aaron und seinen Söhnen und sprich:
         So sollt ihr sagen zu den Israeliten, wenn ihr sie segnet:
24     Der HERR segne dich und behüte dich;
25     der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig;
27     Denn ihr sollt meinen Namen auf die Israeliten legen, dass ich sie segne.


Liebe Gemeinde,
der eben verlesene Predigttext mit dem aaronitischen Segen –  das sind bekannte Worte, denn sie signalisieren das lang ersehnte Ende des Gottesdienstes. Man darf da schon mal probehalber aufstehen, die Glieder recken und startklar machen für den Rest des Sonntags. Gleich geht's los - das bunte Leben.
Heute stehen diese Worte am Beginn der Predigt.  
Was sind sie nun: Schlusspunkt oder Höhepunkt des Gottesdienstes?

Ich kann mich an einen alten Mann erinnern: Der wartete auch immer auf den Segen.
Er kam jeden Sonntag zum Gottesdienst, aber war so schwerhörig, dass er kein Wort verstand. Er merkte gerade noch, wenn das Vaterunser gebetet wurde und betete es in seinem eigenen Rhythmus mit, immer daneben, von daher eher störend.
Eines Tages fragte ihn jemand: „Du, sag mal, warum sitzt du jeden Sonntag in der Kirche im Gottesdienst, du bekommst doch eh nichts mit?!“
Er antwortete: „Doch: Ich nehme aus jedem Gottesdienst den Segen mit!“
Der Segen: Schlusspunkt oder Höhepunkt des Gottesdienstes?
Dieser schlichte, alte Mann, der fast nichts mehr verstand, hatte doch im tiefsten Herzen verstanden, was es mit dem Segen auf sich hat. – Leben unter Gottes Segen!
Der Segen: was er bedeutet – wie ich ihn bekomme – und wie ich ihn weitergebe
Darum soll es im Folgenden gehen.

1. Der Segen - was er bedeutet:
Das Wort "segnen" bedeutet zunächst "Gutes sagen" oder auch "loben" und "preisen". Es ist also etwas Gutes. Deshalb, wenn wir jemandem etwas Gutes
wünschen, sagen wir auch: Gottes Segen … z.B. zum Geburtstag, oder: Gesegnetes neues Jahr oder: Gesegnete Feiertage. – Und die Antwort ist in der Regel: Danke!
Der Segen, den Gott gibt, wird immer zum Lob Gottes führen, dass Gutes zwischen Gott und uns ist.
Schauen wir uns den Segen im 4. Mosebuch Kap. 6, 22-27 an, den priesterlichen Segen oder aaronitischten Segen. Er ist im Urtext kunstvoll zusammengefügt.
Drei zweigliedrige Sätze nehmen stufenartig in ihrer Länge zu:
Der 1. Satz enthält drei Worte,  der 2. fünf Worte  und der 3. Sieben Worte.
  Dies bedeutet eine Steigerung.  Der 3. Satz mit der Vollkommenheitszahl 7 und seinem 7. Wort Schalom ist der Höhepunkt.

Man kann das im Deutschen kaum so wiedergeben,

a)    Die ersten drei Worte: (der Herr segne dich und behüte dich) 
Schutz

Es-segne-dich
JHWH(der HERR)
und-Er-behüte-dich
Das meint Begleitung und Schutz im alltäglichen Leben.
Das schließt in der Bibel durchaus die leiblichen u. materiellen Güter ein, dass wir mit allem Notwendigen oder sogar Überfluss versorgt sind, dass die Arbeit gelingt, die Familie glücklich ist usw.
Es geht um das Gedeihen aller leiblichen und materiellen Güter und um Schutz vor allem Schaden. Armut kann schaden. Aber Reichtum ganz genauso, er kann Menschen verderben, Wohlstand führt oft genug von Gott weg, und dann ist er ein Fluch und kein Segen. Gerade wenn wir materiell versorgt sind, brauchen wir Gottes Schutz.

b)    Der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.
Gnade

Leuchten lasse
JHWH(der HERR)
sein Angesicht
über dir
und er sei dir gnädig
Das Angesicht leuchten lassen, – das Hebräische lässt sich kaum angemessen übersetzen. Wir wissen, was ein leuchtendes Gesicht und was ein finsteres Gesicht bedeutet.
Gott wendet sich dir freundlich zu und lässt dich seine Güte wie ein wärmendes Licht erfahren. Gottes Absicht, Gottes guter Wille werde für dich verstehbar, du darfst seine Größe und Allmacht und Herrschaft erkennen. Du erkennst Gottes Wege in der Welt und damit auch deinen Weg in der Welt. Du darfst dich von IHM ganz angenommen wissen. Er blickt auf dich, hat ein Auge auf dich und das gibt dir für dein Leben Sinn, Richtung und das Ziel. Und du erkennst, weshalb und wozu du da bist. Die Nähe Gottes lässt dich innerlich aufleben.
Als Christen wissen wir, dass die unverdiente Nähe Gottes, die Gnade Gottes
etwas mit Jesus zu tun hat, in IHM hat die Gnade und Liebe Gottes ein Gesicht bekommen.

c)    Und nun der Höhepunkt: (Der Herr hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden) Frieden
Es wende
JHWH(der HERR)
sein Angesicht
zu dir
und er setzte fest
für dich
Schalom / Frieden
 Gott wende dir sein Angesicht zu. Dieser Satz ist, so wie er dasteht, in der Bibel einmalig und meint die innigste und persönlichste Gottesnähe, die überhaupt möglich ist. Diese innigste und persönliche, intime Gottesnähe ist für uns heute möglich durch den Heiligen Geist. Ohne ihn bleibt Gott ferne Theorie. Aber Gottes Geist schenkt Gottes unmittelbare Nähe, und zwar ganz innen, im Herzen, in unserem Geist. Das hat nichts mit äußeren Formen zu tun und kann auch nicht durch religiöse Übungen herbeigeführt werden. Diese innige, intime Gottesnähe ist das Kostbarste, was wir überhaupt auf der Erde erfahren können, es ist schon ein Stück Himmel in uns.

Die Gottesnähe ist das absolute Gute und da kommen wir in einen ganz tiefen Frieden hinein, den Menschen und Umstände weder geben noch nehmen können, er ist höher als alle Vernunft, allem überlegen. Dieser Friede meint, dass wir zur Ganzheit kommen, heil werden, in Harmonie mit Gott, mit uns selber und der Schöpfung kommen.
Dieser Friede beginnt in dir, wenn du unter dem Segen Gottes stehst, beginnt in deinem Herz, will deine Seele heilmachen und deinen Körper zum Frieden bringen, was sich oft auch heilend auswirkt.
Und dann möchte dieser Friede weitergehen zu deiner Familie, zu deinen Mitmenschen, in deinen Ort, in dein Land, in unsere Welt. Gottes Segen: Das und noch mehr bedeutet er.

2. Der Segen - wie ich ihn bekomme:
Z.B. indem ich ihn im Gottesdienst ganz bewusst empfange mit einem glaubenden und offenen Herzen. Und wenn die Predigt nichts war und die Lieder auch nicht, dann nimm doch den Segen mit, das müsste eigentlich reichen!
Der Segen ist mit einer Geste verbunden: die erhobenen Hände:
Gott sagt: "Ihr sollt meinen Namen auf die Israeliten legen, dass ich sie segne.
"Es geht nicht nur um "etwas", was wirkt, sondern um den persönlich wirkenden Gott.

"Segnen" hängt im Deutschen mit "signieren" zusammen, als Gesegneter trägst du Gottes Signum (Zeichen), bist gekennzeichnet als sein Eigentum, stehst unter seinem Schutz, seiner Autorität.

Den Namen Gottes auf jemanden legen, das hat in der Bibel eigentlich etwas mit Handauflegung zu tun. Da wird etwas mitgeteilt, übertragen, die Priester haben von Gott etwas mitzuteilen und weiterzugeben. –
Und so darfst du dich auch ganz persönlich segnen lassen.
Und zwar von jemandem, wo du weißt und spürst, dass er etwas von Gott weiterzugeben hat. Gerade wenn du in äußeren oder inneren Nöten bist.

Wer darf dich segnen?
Im Alten Testament waren es die Priester, die von Gott auserwählt, berufen und eingesetzt sind, die Autorität von Gott haben.
Und im Neuen Testament?
Da steht: Jesus Christus liebt uns und hat uns erlöst von unsern Sünden mit seinem Blut und hat uns zu Königen und Priestern gemacht vor Gott, seinem Vater. (Offb. 1,5-6)  Wer die Liebe Gottes in Jesus angenommen hat und um seine Erlösung durch Jesus weiß, ist vor Gott Priester, der darf segnen, der darf in Gottes Autorität etwas von Gott weitergeben.
Die Reformation sprach vom allgemeinen Priestertum aller Gläubigen,
etwas, was wir als Christen mehr leben und tun sollten. Also nicht nur der Pfarrer oder sonst eine ordinierte Person kann den Segen weitergeben. Jeder Christ, der weiß, was Jesus für ihn getan hat, kann das tun.
Im 1. Petrusbrief (3,9) steht: Segnet, weil ihr dazu berufen seid, dass ihr den Segen ererbt. – Was wir selber von Gott empfangen, sollen wir weitergeben

Und damit sind wir auch schon beim letzten:

3. Segen – wie kann ich ihn weitergeben?
Da gibt es viele Möglichkeiten:
•    Natürlich dürfen wir anderen Gottes Segen wünschen. Das tun wir ja sicher alle. Und das ist gut.
•    Aber dürfen auch noch einige Schritte weitergehen. Man kann einfach jemanden anschauen und in der Stille, im Herzen sagen: Ich segne dich im Namen von Jesus. – Gerade wenn es mit anderen schwierig ist, auf Arbeit oder in der Nachbarschaft oder wo auch immer, segne sie doch so. Mancher hat schon die Erfahrung gemacht, dass sich dadurch die ganze Atmosphäre geändert hat mit der Zeit, weil Gottes Segen hineingekommen ist.
•    Und du darfst auch andere unter Handauflegung segnen (die Hand auf den Kopf   oder die Schulter und ein gutes Wort sprechen), wenn du merkst, dass das jetzt dran ist. – Eine tolle Möglichkeit ist, dass Eltern ihre Kinder segnen oder Großeltern ihre Enkel  z.B. abends vor dem Einschlafen, oder bevor sie sich auf den Schulweg machen, oder krank sind, Bauchweh haben oder so etwas.
Wenn du jemanden segnest, legst du Gottes Namen auf ihn,
stellst ihn in Gottes Gegenwart und das bedeutet immer Gutes.

Was Gott dann tut, ist seine Sache, aber du darfst Segensmittler sein.
Du darfst Segen empfangen und Segen weitergeben. – Probier es aus.
Der Segen: nicht nur Schlusspunkt, sondern Höhepunkt:
Gott kommt aus Seiner Höhe in deine Tiefe, Er macht mit dir nicht Schluss,
sondern fängt Neues an und führt Gutes weiter. – Wag es und lass dich auf IHN und seinen Segen ein. – Amen.