Liebe von Herzen

Der Wochenspruch - Matthäus 20,28
Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse,
sondern dass er diene und gebe sein Leben zu einer Erlösung für viele.

Predigt am Sonntag Judika, 29. März 2020

Predigt am Sonntag Judika                                               Schorndorf, 29. März 2020
Hebräer 13,9-14                                                               Pfr. Thomas Fuchsloch

Gnade sei mit uns - und Friede, von Gott unserem Vater
und unserem Herrn Jesus Christus,
der da ist und der da war und der da kommen wird.
Amen!


Der Predigttext für den heutigen Sonntag steht im Hebräerbrief, Kap. 13

09    Lasst euch nicht durch mancherlei und fremde Lehren umtreiben, denn
        es ist ein köstlich Ding, dass das Herz fest werde, welches geschieht durch Gnade,
        nicht durch Speisegebote, von denen keinen Nutzen haben, die damit umgehen.
10    Wir haben einen Altar, von dem zu essen kein Recht haben, die der Stiftshütte dienen.
11    Denn die Leiber der Tiere, deren Blut durch den Hohenpriester
        als Sündopfer in das Heilige getragen wird, werden außerhalb des Lagers verbrannt.
12    Darum hat auch Jesus, damit er das Volk heilige durch sein eigenes Blut,
        gelitten draußen vor dem Tor.
13    So laßt uns nun zu ihm hinausgehen aus dem Lager und seine Schmach tragen.
14    Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.

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Liebe Gemeinde,
gleich im 1. Satz des Predigttextes ist von unserem Herz die Rede:
„Es ist ein köstlich Ding, dass das Herz fest werde, welches geschieht durch Gnade!“
Der Schreiber des Hebräerbriefs weiß um unser Herz, das offensichtlich nicht so fest ist,
wie wir uns das wohl wünschen. Und in solch bewegter Krisenzeit, wie wir so gerade durchleben, gibt es genug Anlass unsicher zu sein. Es ist, als ob wir keinen festen Boden unter den Füßen hätten; als würden wir einem Windsurfer auf dem Wasser gleichen. Sie kennen doch einen Windsurfer?! wie faszinierend da manche auf dem Wasser unterwegs sind.

So ein Surfbrett ist ja eine tolle Sache!
Eigentlich ist das ja ein ganz einfaches Prinzip:
- da ist zunächst einmal ein Brett
- der Mast ist darauf mittels eines Kardangelenkes montiert
   (man kann auch Kugelgelenk sagen).
- am Mast ist ein beweglicher Gabelbaum angebracht, der das flatternde Segel spannt.

Kurzum - alles ist beweglich! Und dann liegt das Ding ja auch noch auf dem Wasser - und das bewegt sich auch.
Die Folge ist klar: Das Wasser wackelt; das Surfbrett wackelt; der Mast wackelt; der Gabelbaum wackelt; das Segel wackelt; und der, der draufsteht, wackelt erst recht. Nirgends kann man sich festhalten, nirgends fest stehen. Und das Ergebnis ist: Dass ein Anfänger zumeist zur Belustigung der Zuschauer eine tolle Akrobatik hinlegt, die nicht selten im Wasser endet.

Wer es aber versteht, das Segel recht auf den Wind auszurichten, der erlebt, wie mit einem Mal alles stabil wird.
Bloß - ohne Wind ist so ein Windsurfer eine ganz, ganz wackelige Angelegenheit!

Ich möchte das einmal auf uns übertragen. Sind wir doch alle unterwegs:
- unterwegs im Strom der Zeit
- unterwegs auf einem Meer von Aufgaben
- einem Meer von Sorgen
- einem Meer von Angeboten
   und alles ist in Bewegung, alles wackelt:
- nicht nur die Stühle einflußreicher Persönlichkeiten,
- auch die Arbeitsplätze
- die Wirtschaft und die Weltpolitik.

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Prof. Ernst Troeltsch hat das einmal sehr schön auf den Punkt gebracht. Als er 1896 - also vor mehr als 100 Jahren in Eisenach, am Fuße der Wartburg, bei einem Gelehrtenkongress zu sprechen hatte, kam er zu dem Schluß: „Meine Herren, es wackelt alles!“
Und er meinte damals die umwälzenden Bewegungen im philosophischen, im naturwissen-schaftlichen und im sozialpolitischen Bereich. Inzwischen hat Eisenach den Auf- und Untergang der DDR erlebt; inzwischen können wir die Menschen auf den Mond schießen; haben Waschmaschinen und elektrische Denkmaschinen. Erkenntnisse und Einsichten bewegen sich im Auf- und Ab des Fortschritts; Entscheidungen bewegen sich im Auf und Ab von Vernunft und Willkür; was wird nicht alles in Frage gestellt? Unsere Umwelt - unsere Ideenwelt, - alles ist im Fluss und Umbruch! - alles ist in Bewegung; - alles wackelt!

Und nun kommt das eigentliche Problem: Wir selbst, die wir auf dem Strom der Zeit, die wir auf dem Meer der Ereignisse unterwegs sind, auch wir sind keineswegs unumstößlich fest; sondern fallen allzuleicht vom Einen ins Andere drehen uns im Wind der Meinungen; winden uns im Markt der Möglichkeiten. Zuweilen machen uns die Wellen um uns her ganz schön Angst und beeinflussen uns mehr, als uns lieb ist.
Wir sind ganz schön wacklig - und das hat seinen Grund: Denn wir Menschen haben von Natur aus ein wackelmütiges, ein wankelmütiges Herz. Manchmal ist es wackliger als ein Windsurfer und nicht selten kommen wir dadurch zu Fall. Unser Herz ist etwas, auf das letztlich kein Verlaß ist. Der Prophet Jeremia sagte einmal: „Das Herz ist ein trotzig und verzagt Ding!“

Kennen Sie eigentlich Ihr Herz? Ein faszinierendes Ding - was Gott sich da ausgedacht hat:
Wenn einer 70 wird - dann schlägt es im Durchschnitt 25.754.400 mal (also ohne Prüfungsstress, Verkehrschaos und Verliebtheitsstunden) - und das ohne Schmieren und Ersatzteilaus-wechslung. Und doch ist unser Herz weit mehr als eine Pumpe, wenn gleich manche so davon reden.

Kennen Sie Ihr Herz?
- Mein Herz kann an etwas hängen!
- Ich kann mein Herz gar verlieren.
- Ich kann mein Herz einer Idee verschreiben.
- Ich kann geteilten Herzens sein.
- Ich kann Dinge tun, die ich eigentlich gar nicht tun wollte.
- Ich kann mir aus Vernunftsgründen ganz fest etwas vornehmen und ich tu's doch nicht.
- Es kann sein, mein Herz geht in Sprüngen und im nächsten Augenblick
  bin ich am Boden zerstört.
- Es kann sein, mein Herz ist voller Sturm und Drang und ich erfahre etwas
  Und schon bin ich verzagt.

Einer, der um sein menschliches Herz wußte, war eben der Schreiber des Hebräerbriefes.

Im Blick auf unsere Wackel- und Wankelmütigkeit schrieb er - nicht aus Anklage sondern zur Ermutigung: „Es ist ein köstlich Ding, dass das Herz fest werde, welches geschieht durch Gnade!“

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Liebe Gemeinde,
grad so, wie bei einem wackligen Windsurfer bei dem der Wind in das ausgerichtete Segel bläst und damit mit einem Mal alles stabil und fest wird so soll der Wind der Gnade in unser Glaubens-segel blasen und uns fest machen.
Und so, wie man den Wind nicht selber machen kann, aber als Surfer darauf angewiesen ist, grad so können wir die Gnade nicht selber machen und trotzdem sind wir darauf angewiesen.
Darauf angewiesen,  damit unser wankelmütiges Herz fest wird.
Und so, wie ein Surfer weiß,
- ohne Wind läuft nichts;
- Wind ist immer Gnade;
- ohne Wind nützt das größte Segel nichts;
grad so bleibt unser Leben ohne den Wind der Gnade letztlich richtungs- und ziellos. Dann wäre unser Leben ein Spielball der Wellen und Kräfte, ein Spielball der Strömungen.

Es ist letztlich die Frage, ob ich ans Ziel kommen will! Denn vom Ziel hängt mein Weg ab. Davon hängt ab, wie ich mit mir und andern umgehe. Und so werden wir immer wieder vor die Frage gestellt: Was hält mich? Was treibt mich? Was treibt mich in einer Zeit in der alles in Bewegung ist, in der alles wackelt?

Das Wort aus dem Hebräerbrief will uns Mut machen!
Wie halte ich es mit Gottes Gnade? „Ist's doch ein köstlich Ding, dass das Herz fest werde,
welches geschieht durch Gnade!“

O ja - man muß sich schon ein Herz fassen, wenn man surfen will. Man muss rein ins Wasser,
rauf aufs Brett und das Segel ausrichten! Und so gilt es auf dem Windsurfer des Glaubens, das Segel nach dem Wind der Gnade, nach Jesus auszurichten.

So, wie auch Petrus sich auf Jesus Christus ausrichtete, als er über den Bootsrand kletterte um auf Jesus zuzugehen. Als er dann auf die bewegte Wasseroberfläche sah, wurde ihm Angst und bange und er drohte unterzugehen. Entscheidend war, dass er sich wieder auf Jesus ausrichtete und die ausgestreckte Hand annahm - die liebende Hand der Gnade, die auch dann noch hält, wenn einem alles unter den Füßen weggezogen wird. Die auch dann noch hält, wenn‘s stürmisch wird, wenn Krankheit oder Unfall wenn mein Versagen, oder Böswille anderer der irgend ein Schicksalsschlag mir die Sicht nehmen.

Jesus Christus will uns Halt, will uns Orientierung geben, denn wir sind unterwegs in einer Welt,
in der alles in Bewegung ist, in der alles wackelt und wir dazu ganz menschlich, halt wankelmütig sind.
Ein Unterschied ist allerdings zwischen dem Wind, den der Surfer braucht und dem Wind der Gnade, den wir alle brauchen: Bei der Gnade Gottes gibt es nämlich keine Flaute!
                Richten wir darum das Segel des Glaubens aus auf ihn
                - auf seine Liebe und Vergebung;
                - auf seine Gnade und seinen Segen.   Amen!