Predigt  am 4. Advent                                            Schorndorf, 20. Dezember 2020
1. Mose 18,1-2.9-15                                              Pfr. Thomas Fuchsloch

Gnade sei mit uns - und Friede, von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus,
der da ist und der da war und der da kommen wird. Amen!

Der Wochenspruch zum Ewigkeitssonntag steht im Philipperbrief 4,4
    „Freuet euch in dem Herrn allewege,
     und abermals sage ich: Freuet euch! Der Herr ist nahe!“



Der Predigttext steht im 1. Mosebuch (Genesis) im 18. Kapitel:                   

01     Und der HERR erschien ihm im Hain Mamre,
         während er an der Tür seines Zeltes saß, als der Tag am heißesten war.
02     Und als er seine Augen aufhob und sah, siehe, da standen drei Männer vor ihm.
         Und als er sie sah, lief er ihnen entgegen von der Tür seines Zeltes
         und neigte sich zur Erde.
09     Da sprachen sie zu ihm: Wo ist Sara, deine Frau?
          Er antwortete: Drinnen im Zelt.
10     Da sprach er: Ich will wieder zu dir kommen übers Jahr; siehe,
         dann soll Sara, deine Frau, einen Sohn haben.
         Das hörte Sara hinter ihm, hinter der Tür des Zeltes.
11     Und sie waren beide, Abraham und Sara, alt und hochbetagt,
          sodass es Sara nicht mehr ging nach der Frauen Weise.
12     Darum lachte sie bei sich selbst und sprach:
          Nun ich alt bin, soll ich noch der Liebe pflegen, und mein Herr ist auch alt!
13     Da sprach der HERR zu Abraham: Warum lacht Sara und spricht:
          Meinst du, dass es wahr sei, dass ich noch gebären werde, die ich doch alt bin?
14     Sollte dem HERRN etwas unmöglich sein?
          Um diese Zeit will ich wieder zu dir kommen übers Jahr;
          dann soll Sara einen Sohn haben.
15     Da leugnete Sara und sprach: Ich habe nicht gelacht –,
         denn sie fürchtete sich.
         Aber er sprach: Es ist nicht so, du hast gelacht.
                                                  Worte des lebendigen Gottes - Amen.
 

Liebe Gemeinde,
der heutige 4. Advent lädt uns ein zur Freude. Der Wochenspruch aus dem Philipperbreif
bringt es nachdrücklich auf den Punkt: „Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Der Herr ist nahe!“  (Philipper 4,4) Anlass ist das freudige Ereignis der Geburt, des vom himmlischen Vater angekündigten Sohnes, die Geburt Jesu in Bethlehem.
Auch in unserem heutigen Predigttext kündigt der himmlische Vater die Geburt eines verheißenen Sohnes an. Doch das Lachen der Sarah, ist weniger ein Zeichen der Freude als vielmehr der Ausdruck eines Zweifels.
Und da ist auch noch der Nährboden für weitere Zweifel. Denn so eindeutig ist das gar nicht,
warum hier gleich mehrere mit Abraham reden? Einerseits geht es gleich in der ersten Zeile darum, dass Gott, der HERR dem Abraham in Mamre erschienen ist. Und am Schluss ist es wieder Gott, der HERR, der den Abraham auf seine Sarah anspricht. Andererseits haben wir es aber mit 3 Boten zu tun; 3 Männer sind es, die ihn besuchen und ansprechen. Da könnten schon mal Zweifel aufkommen, wie sich das Ganze nun verhält? Und warum Sarah und Abraham an Gottes Verheißung zweifeln?
Weil aber auch Maria und Josef im Vorfeld der Weihnachtsgeschichte ebenfalls am Zweifeln waren, will ich dem einmal näher darauf eingehen, was Glauben und Zweifel miteinander zu tun haben?

Mein erster Punkt:
1. Wie Zweifel entstehen?
Nun: Zweifel entstehen aus der Tatsache heraus, dass wir uns etwas nicht vorstellen - uns etwas nicht erklären können. Vielleicht auch aus der Erfahrung, dass etwas wiederholt missglückt, wiederholt gescheitert ist.
Doch Zweifel können aber auch andere Ursachen haben. Zum Beispiel, wenn wir uns etwas nicht zutrauen. Dann zweifeln wir an unserem Geschick oder wir zweifeln an unserem Durchhaltevermögen oder wir zweifeln an unserer Überzeugung.
Zweifel kommen auf, wenn wir Angst und Sorgen haben - wenn wir unsicher sind - wenn uns das Vertrauen fehlt - oder wir etwas nur halbherzig anpacken.
Manchmal kommen Zweifel auch aus der Verzweiflung heraus: Warum gibt es so viel Leid und Elend? Warum gibt es so viel Ungerechtigkeit? Solche Fragen lassen viele Menschen an Gott zweifeln. Manchmal übersehen wir, dass Gottes Gedanken in Richtung Ewigkeit gehen - Er nach dieser Zeit heil machen wird, was unter dem Zeichen der Vergänglichkeit steht. Indem aber Gottes Allmacht angezweifelt wird, stiehlt sich der Zweifler sehr leicht auch aus seiner Verantwortung. Denn für sehr viel, was in dieser Welt schief läuft, sind wir Menschen verantwortlich. Nicht wir sind es, die über Gott richten könnten, sondern ER ist es, der uns hinterfragt - anspricht - und in die Verantwortung nimmt. Sollte also der Zweifel ein Zeichen des Unglaubens und Misstrauens sein?
    
An diesem Punkt will ich innehalten. Es könnte nämlich leicht der Eindruck entstehen, als ob der Zweifel nur etwas Negatives wäre. Dabei haben Zweifel durchaus etwas Gutes. Zweifel als eine gute Gabe Gottes, die wir nicht verachten sollten. Zweifel - als eine gute Gabe Gottes, die wie so vieles zuweilen verkehrt und missbraucht wird.
Zweifel können nämlich ein Selbstschutz sein: Zweifel können mich vor falscher Sicherheit bewahren. Zweifel können können mich dazu bewegen, von etwas abzulassen, eh es gefährlich für mich wird. Dann lösen Zweifel aus, dass ich nachfrage, ja etwas hinterfrage - und es mich im besten Falle dazu drängt - nach Gott zu fragen - Ihn selbst zu fragen - Ihn einzubeziehen.
Zweifel sind genau dann hilfreich, wenn ich endlich anfange zu fragen, ja auch beginne nachzufragen, wo etwas längst nicht so klar ist, wie wir manchmal tun und meinen oder uns davon stehlen. Fragen und Zweifel sind gar ein Ausdruck menschlicher Würde. Denn Tiere und Sterne, Bäume und Steine fragen und zweifeln nicht. Aber wir Menschen haben die Würde zu fragen. Wir müssen abwägen und entscheiden, nachdenken und wählen. Das gilt auch in Glaubensfragen. Ein blinder Glaube trägt letztlich nicht; ja - kann auch leicht zum Aberglauben werden. Weil wir in der Lage sind zu fragen, nach dem zu fragen, was nach dem Tode kommt
- danach zu fragen, was der Sinn meines Lebens ist - und auch nach Gott zu fragen, darum können wir dann auch an Gott glauben.

Es ist schon interessant, dass Jesus den Zweifelnden nicht verurteilte. Der Jünger Thomas bezweifelte, dass Jesus auferstanden sei, weil er ihn nicht, wie die andern Jünger persönlich gesehen hatte. Thomas war ehrlich - und stand zu seinen Zweifel, bis Jesus ihm ganz persönlich eine Antwort gab. Solange wir ehrlich sind und zu unseren Fragen, zu unseren Zweifeln stehen,
sind sie immer auch hilfreich. In unserem heutigen Predigttext, hatte Sarah geleugnet als sie von Gott gefragt wurde. Aus Angst vor Gott hatte sie geleugnet anstatt ihre Unsicherheit vor Gott offen zu bekennen.

Was Zweifel in uns auslösen, wozu Zweifel uns bringen, was Verzweiflung bewirkt kann ganz unterschiedlich sein! - Darum .....

2. Wie wir mit Zweifel umgehen?
Sarah lachte, obwohl ihr eigentlich zum Heulen zumute war. Sie bezweifelte Gottes Verheißung - und lachte darüber; obwohl sie mit ihrer Geduld am Ende war und deswegen schon viel geweint hatte. Auch wir lachen zuweilen, obwohl es todernst ist, worum es geht.
So mancher macht darüber Witze, wenn es um die Frage geht, ob wir in den Himmel kommen.
Kennen Sie auch den Witz vom Busfahrer und dem Pfarrer, die vor der Himmelstür stehen.
Der Busfahrer wird hineingelassen, der Pfarrer muss draußen bleiben. Der Pfarrer klopft und fragt nach. Die Antwort des Petrus klingt plausibel: Beim Busfahrer haben alle gebetet, während sie beim Pfarrer geschlafen haben. Hier wird letztlich eine ganz große Unsicherheit ins Lächerliche gezogen, obwohl es zum Heulen ist, weil die verdrängte Frage todernst ist. Geht es doch um die Frage, wie wir unsere Ewigkeit zubringen. Und nur deshalb, weil wir uns nichts Konkretes darunter vorstellen können, erledigt sich diese Frage nicht von selbst; auch nicht durch eigene Konstruktionen, die sich unsere Phantasie zusammen reimt.
Im Verdrängen von Zweifeln sind wir wahre Meister - ja sehr geschickt. Sarah und Abraham zum Beispiel, hatten zwar Gottes Verheißung einen Sohn zu bekommen. Weil sie aber keinen Weg entdecken konnten, meinten sie Gott nachhelfen zu müssen. Sarah stifte sogar den Abraham an, dass er mit ihrer Magd - mit der Hagar, den Ismael bekam. Damit hatte er zwar einen Sohn aber auch eine Fülle ungeahnter Probleme und Verletzungen. Ach hätten sie doch Gott gefragt - um Wegweisung und Bestätigung gebeten? Der Beter des 86 . Psalm bittet Gott einmal in seiner Verzweiflung: “Tu ein Zeichen an mir, dass Du es gut mit mir meinst.”  (Psalm 86,17)

Wie ehrlich sind wir, wenn es um unseren Glauben geht, wie oberflächlich und großzügig, wie blind oder womöglich abergläubisch?
- Ja wir möchten in Gottes Hand sein - aber vielleicht nicht zu sehr.
- Ja, wir möchten von Gott bewahrt sein - es aber nicht unnötig herausfordern.
- Ja, wir möchten bei Gott geborgen sein aber nicht alles aus der Hand geben.
Warum immer dieses „aber“. Weshalb die Angst, die einen Vorbehalt offen lässt?
    - So wie ein Fisch keine Angst vor zu viel Wasser hat;
    - so wie ein Vogel sich keine Sorge über zu viel Luft macht;
so sollten wir uns ganz in die Hände Gottes fallen lassen. Nicht blindlings - nein, wir dürfen sehr wohl hinterfragen; wir sollten Gott bei seinem Wort nehmen und prüfen! Allerdings sollten wir dabei gegenüber uns selbst und gegenüber Gott ehrlich sein. Und nicht uns in die eigene Tasche lügen - nicht uns selber etwas vormachen - und auch nicht uns selber überfordern. Bei alledem ist neben der Frage, wie wir mit Zweifeln umgehen, die noch viel wichtigere Frage, wie Gott mit unseren Zweifeln, ja mit uns Zweifler umgeht?

3. Wie Gott mit unseren Zweifeln umgeht ?
Auf jeden Fall verzweifelt Gott nicht an unseren Zweifeln. Obwohl er sicher manchmal auch Anlass hätte, über uns zu verzweifeln. Gott nahm Sarah und Abraham ernst. Während sie vorschnell einen Weg an ihm vorbei suchten, versuchte er mit ihnen ins Gespräch zu kommen.
Zwei Weisen können wir gar erkennen: Einerseits redete Gott direkt mit ihnen - andererseits gebrauchte er 3 Boten, um ihnen auf ihrer Ebene zu begegnen. Gott hat auch uns gegenüber verschiedenste Möglichkeiten auf unsere Fragen und Zweifel zu reagieren:
    - Sei es dass ER uns direkt durch sein Wort anspricht;
    - oder durch Boten, durch Mitmenschen, die uns von Ihm etwas zu sagen haben.
Um allen Zweifeln letztlich den Boden zu entziehen, sandte der Vater im Himmel sogar einen ganz speziellen Boten, nämlich Jesus Christus, seinen eigenen Sohn.
    
- Und so, wie Gott im Garten Eden fragte: „Adam, wo bist du?“
- Und den Kain fragte: „Wo ist dein Bruder Abel?“
- Und den Abraham nach Sarah fragte,
    So fragt er auch immer wieder nach uns: Wo bist Du? - und wo ist Dein Nächster?

So fragte Jesus auch die Jünger - „Wollt ihr auch weggehen?“
Petrus antwortete: „Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens!“
    
So will Gott auch uns begegnen und helfen. Er will, dass wir ehrlich zu unseren Fragen stehen
und helfen lassen, wo wir uns selber nicht helfen können. Gott will, dass wir begreifen, dass er zwar nicht all unsere Wünsche wohl aber all seine Verheißungen bislang wahr machte und auch weiterhin wahr machen wird.

Gott will,    
    - dass wir fest glauben
        ohne die Zweifel zu verdrängen;
    - dass wir nüchtern sind,
        ohne die Träume aufzugeben;
    - dass wir Hoffnung haben,
        ohne Illusionen nachzuhängen;
    - dass wir selbstbewusst leben
        ohne selbstgefällig zu sein;

Gott will,
    - dass wir loslassen
        ohne aufzugeben;
    - dass wir festhalten
        ohne starrsinnig zu werden;
    - dass wir Ihm eine Chance geben,
        ehe wir verzweifeln;
    - dass wir Ihm vertrauen,
        weil er uns liebt, wie wir sind.  Amen!