Predigt vom Sonntag, 19. Juli 2020

Predigt über 5. Mose 7,6-12    
6. So. n. Trinitatis, 19. Juli 2020, 10.30 Uhr
Open-Air-Gottesdienst Versöhnungskirche Schorndorf                
  Pfr. i.R. Rainer Härer


Gnade sei mit uns - und Friede, von Gott unserem Vater
und unserem Herrn Jesus Christus,
der da ist und der da war und der da kommen wird. Amen!


Der Wochenspruch zum 6. Sonntag nach dem Dreieinigkeitsfest steht Jesaja 43,1
          „So spricht der HERR, der dich geschaffen hat:
     Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst;
 ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein.“


Der Predigttext steht im 5. Buch des Mose, Kapitel 7:
06     Du bist ein heiliges Volk dem Herrn, deinem Gott.
         Dich hat der Herr, dein Gott, erwählt
         zum Volk des Eigentums aus allen Völkern, die auf Erden sind.
07     Nicht hat euch der Herr angenommen und euch erwählt,
         weil ihr größer wäret als alle Völker –
         denn du bist das kleinste unter allen Völkern –,
08     sondern weil er euch geliebt hat und damit er seinen Eid hielte,
         den er euren Vätern geschworen hat.
         Darum hat der Herr euch herausgeführt mit mächtiger Hand und hat
         dich erlöst von der Knechtschaft,
         aus der Hand des Pharao, des Königs von Ägypten.
09     So sollst du nun wissen, dass der Herr, dein Gott,
         allein Gott ist, der treue Gott,
         der den Bund und die Barmherzigkeit bis ins tausendste Glied hält denen,
         die ihn lieben und seine Gebote halten,
10     und vergilt ins Angesicht denen, die ihn hassen, und bringt sie um
         und säumt nicht, zu vergelten ins Angesicht denen, die ihn hassen.
11     So halte nun die Gebote und Gesetze und Rechte,
        die ich dir heute gebiete, dass du danach tust.
12    Und wenn ihr diese Rechte hört und sie haltet und danach tut,
        so wird der Herr, dein Gott, auch halten den Bund und die Barmherzigkeit,
        wie er deinen Vätern geschworen hat.
                             Worte des lebendigen Gottes. Amen!

LIEBE GEMEINDE,

Asterix und Obelix. Sie sind die beiden Comic-Helden aus einem kleinen gallischen Dorf ganz im Westen von Frank-reich. Dieses Dorf wehrt sich erfolgreich gegen die Über-macht der römischen Besatzer.

Israel ist auch klein. Ein schmaler Landstreifen im Vorderen Orient. Umgeben von Ländern, die viel größer sind. Und von denen manche Israel vernichten und ins Meer werfen wollen. Und doch ist Israel in dieser Region der einzige Staat, in dem Demokratie und politische Freiheit herrschen.
Durch seine ganze Geschichte hindurch bis heute muss sich Israel inmitten von Feinden behaupten. Fast täglich hören und sehen wir davon in den Nachrichten.
Was bringt dieses Volk eigentlich mit, dass Gott sich seiner angenommen hat? Was hat Gott dazu veranlasst, über die Jahrtausende hindurch bis heute sich zu Israel zu halten?

Unser heutiger Predigttext gibt darauf Antwort. Damals stand Israel in den Startlöchern. Bald soll es über den Jordan hinüber ins verheißene Land gehen. Ohne Mose. Aber kurz vor seinem Tod gibt Mose Gottes Willen an sein Volk Israel weiter. Verbunden mit der Zusage: Gottes Liebe gilt euch!
1.  VON  GOTT  ERWÄHLT

Im Herbst findet normalerweise immer die Wahl der deutschen Weinkönigin statt. Dabei werden die Kandidatinnen, die Weinköniginnen aus den Anbaugebieten, nach ihrem Wissen über den Weinbau gefragt. Aber auch die Allgemeinbildung, Schlagfertigkeit und gutes Aussehen spielen eine wichtige Rolle bei der Wahl durch die Fachjury. Wenn dann die neue Weinkönigin feststeht, dann kennt ihr Jubel keine Grenzen. Auch Tränen der Freude werden vergossen.

Auch Gott trifft eine Wahl: Er erwählt sich Israel zu seinem Volk. Das ist zum Staunen. Denn dieses Volk Israel hat – menschlich gesehen – nicht viel zu bieten. Es ist nicht besonders groß. Gott nennt es „das kleinste unter allen Völkern“ (7). Und es ist auch nicht besonders mächtig und reich. Abgesehen vielleicht von der glanzvollen Zeit unter König Salomo. Trotzdem hat Gott sich dieses Volk als sein Volk ausgesucht. Er hat es erwählt.

Das Thema »Erwählung« zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte Israels:
•    Da ist Abraham. Ihn ruft Gott auf, Heimat und Verwandtschaft zu verlassen und in ein Land zu ziehen, das Gott ihm zeigen wird. Gott verheißt ihm seinen Segen und gibt ihm die Zusage: „In dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden“ (1.Mose 12,3).
•    Oder denken wir an Mose: Kind hebräischer Eltern in Ägypten, dann Prinz am Hof des Pharaos, Totschläger, Flüchtling, Schafhirte in der Wüste. Doch gerade er ist von Gott dazu ausersehen, die Israeliten aus der Sklaverei zu retten.

Noch einmal: Gott hat sich Israel erwählt. Aber immer wieder muss Gott enttäuscht feststellen: „Ich sehe, dass es ein halsstarriges Volk ist“ (2. Mose 32,9). Oder: „Ich kenne deinen Ungehorsam und deine Halsstarrigkeit“ (5. Mose 31,27).

Auch Mose hat darunter gelitten. Gleich nach der wunderbaren Rettung am Schilfmeer: da haben ihn die Israeliten in der Wüste schier zur Verzweiflung gebracht. Durch ihre Unzufriedenheit. Ihr ständiges Murren gegen Mose. Und dass sie dem lebendigen Gott bald untreu geworden sind: Sie haben ein Götzenbild gegossen und es angebetet als ihren Gott! Und solch ein Volk hat Gott erwählt!

Wir staunen hier echt über Gottes Auswahlprinzip: Nicht Leistung, Bedeutung und Größe zählen, sondern seine Liebe und väterliche Zuneigung. Welch ein Wunder! Nichts kann Israel vorweisen als allein Gottes Liebe.

Und wenn wir fragen: Warum eigentlich Israel? Dann lautet die Antwort: Weil Gott es so will. Weil Gott dieses Volk unendlich liebt. Einfach so. Ohne Grund. Aus lauter freier Liebe. Aus purer Gnade. Denn Gott liebt, weil er liebt. Einen anderen Grund für seine Wahl gibt es nicht.

„Du bist ein heiliges Volk dem Herrn, deinem Gott“ (6), erinnert Mose die Israeliten. Ein heiliges Volk. Allerdings nicht fehlerfrei. Ganz und gar nicht. Schuld, Treulosigkeit, Versagen durchziehen Israels Geschichte. Es ist heilig, weil es zu Gott gehört. Weil es ihm, dem Heiligen, geweiht ist. Für ihn soll das Volk Israel in der Welt da sein und ihm dienen. Ihm allein.

Tausend Gründe hätte es für Gott gegeben, seine Versprechen und Verheißungen wieder rückgängig zu machen. Israel hat immer wieder Gottes Spur verlassen. Bis heute. Aber Gott bleibt sich treu. Er bricht sein Wort nicht. Selbst wenn wir Menschen ihm genügend Anlass dazu geben. Gott hält, was er zugesagt hat.
2.  DURCH  JESUS  GELIEBT

Das Volk Israel ist von Gott geliebt. So beschreibt es unser Bibelabschnitt. Aber Gottes Liebe gilt nicht nur Israel, sondern der ganzen Welt. Johannes bezeugt das mit den wohl-vertrauten Worten: „Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben“ (Johannes 3,16).

Und Jesus hat das mit dem Tauf- und Missionsbefehl am Schluss des Matthäusevangeliums deutlich gemacht: „Gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker“ (Matthäus 28,19a). Geht hin zu den Menschen, die Gott noch nicht kennen. Denn er hat Sehnsucht nach ihnen. Er liebt die Menschen und möchte, dass sie seine Kinder werden.
Wie Israel haben auch wir Gott nicht viel zu bieten. Wir glauben an Jesus Christus als unseren Herrn. Sonst wären wir vielleicht gar nicht zum Gottesdienst gekommen. Aber was können wir eigentlich vorweisen? Ein vorbildliches Leben? Viel Einsatz für Menschen, die Hilfe brauchen? Fehlerlose Nachfolge? Großen Glauben? Ganz bestimmt nicht!

Liebe Gemeinde, wir haben Gottes Gnade, sein Erbarmen, nicht mehr verdient als Israel. Gott hat dich nicht wegen irgendwelcher Vorzüge erwählt, sondern allein wegen Jesus.
Der Apostel Paulus schreibt dazu im Epheserbrief: „In ihm hat er (Gott) uns erwählt, ehe der Welt Grund gelegt war ... Er hat uns dazu berufen, seine Kinder zu sein durch Jesus Christus nach dem Wohlgefallen seines Willens“ (Epheser 1,4a.5). Das bedeutet doch so viel: Dich und mich hat Gott schon immer unbedingt bei sich haben wollen, weil er uns liebt. Und das ohne Vorleistungen!

»Gottes Gnade ist, dass er uns nicht gibt, was wir verdienen. Gottes Barmherzigkeit ist, dass er uns gibt, was wir nicht verdienen!«, formuliert Axel Kühner. Grandios ist das!

Dabei hätte es für Gott tausend Gründe gegeben, uns nicht in seine Verheißungen mit hineinzunehmen. Wie oft haben wir uns als nicht würdig erwiesen. Fehler, Schuld, Versagen säumen auch unseren Weg, wie bei Gottes Volk Israel.
Und dennoch können wir uns felsenfest darauf verlassen: „Mein treuer Gott, auf deiner Seite bleibt dieser Bund wohl feste stehn; wenn aber ich ihn überschreite, so lass mich nicht verloren gehn; nimm mich, dein Kind, zu Gnaden an, wenn ich hab einen Fall getan“ (EG 200,4).

Ja, Gott bleibt sich treu. Er bricht sein Wort nicht. Er hält, was er uns im Wochenspruch zugesagt hat: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!“ (Jesaja 43,1). Viele haben dieses Bibelwort einst als Taufspruch bekommen. Als die Zusage, dass man sich auf Gottes Ja zu uns unbedingt verlassen kann.

Auch wir heute Morgen dürfen diesen Worten vertrauen. In der Taufe einst hat Gott sein Ja zu uns gesprochen: „Du bist mein.“ Du sollst zu mir gehören. Diese persönliche Zuwendung Gottes gilt unverrückbar. Sie steht über unserem Leben als das große Angebot Gottes, ihm gehören zu dürfen.

Man kann sich schon fragen, liebe Gemeinde: Warum wollen nur so wenige mit Gott zu tun haben? Warum schieben viele Getaufte Gottes Zusage für ihr Leben einfach zur Seite
und wollen nichts davon wissen? Wir Kinder Gottes sollten uns hier nicht schnell über andere erheben. Auch wir leben allein von Gottes Liebe und Barmherzigkeit.

3.  ZUM  GLAUBENSGEHORSAM  GERUFEN

„So halte nun die Gebote und Rechte, die ich dir heute gebiete, dass du danach tust“ (11). Diesen Auftrag, Gottes Weisungen lebenslang zu halten, schärft Mose den Israeliten ein. Wem aber Gottes Liebe und Treue gleichgültig sind – und das meint hier „hassen“ – , der schließt sich selbst aus Gottes Bund und Barmherzigkeit aus. Gott selbst aber hält seinen Bund und die Barmherzigkeit bis in die »x-te Gene-ration« denen, die ihn lieben und seine Gebote halten.

Jesus hat das ganz ähnlich formuliert: „Liebt ihr mich, so werdet ihr meine Gebote halten“ (Johannes 14,15). Wer also an ihn glaubt und ihn liebt, der hält seine Gebote.

In seinen Abschiedsreden im Johannesevangelium sagt Jesus zu seinen Jüngern: „Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch geliebt habe“ (Johannes 13,34). Als Geschwister im Glauben sollen wir einander lieben. Trotz aller Unterschiede, weil wir in Jesus unsere gemeinsame Mitte haben.

Wenn Jesus die erste Stelle in unserem Leben einnimmt, heißt das:
•    Dass wir sein Wort halten und danach leben.
•    Dass wir am Morgen nicht nur die Zeitung lesen, sondern vor allem Gottes Wort. Es ist für unseren Glauben lebenswichtig, auf Jesu Worte zu hören und sie im Alltag in die Tat umzusetzen.

Damit geht der Blick zu den Zehn Geboten, die auch für Jesus absolute Bedeutung haben. Sie wollen unser Leben schützen, damit wir nicht aus der Spur geraten.
•    Dass wir zum Beispiel Gott allein die Ehre geben. Und keine anderen, keine modernen Götter neben ihm haben: Geld, Besitz, Ansehen, Karriere zum Beispiel.
•    Dass Ehrlichkeit, Treue und Absage an den Neid unser Leben kennzeichnen. In einem Jugendkreis wurde nach einem vorbildlichen Christen gefragt. Es wurde der Name eines Mitarbeiters der Gemeinde genannt und hinzugefügt: »Der tut, was er glaubt und was er sagt!«

Und dann das weite Feld der Nächstenliebe, die unser Leben als Christen prägen soll: „Liebe, hast du es geboten, dass man Liebe üben soll. O so mache doch die toten, trägen Geister lebensvoll. Zünde an die Liebesflamme, dass ein jeder sehen kann: wir, als die von einem Stamme, stehen auch für einen Mann“ (EG 251,6).

Zurück zum Anfang der Predigt:
Das kleine Gallische Dorf von Asterix und Obelix – es wird etwas Besonders durch den Zaubertrank des Druiden Mirakulix, der die Gallier unbesiegbar macht.

Was macht das Volk Israel so besonders? Kein Zauber, sondern allein die Liebe Gottes, die Israel erwählt und bis zum heutigen Tag begleitet hat.

Und was macht uns als an Jesus Glaubende besonders? Allein die Liebe Jesu zu uns, die uns in seine Nachfolge gerufen hat. Und die uns befähigt, unser Leben nach seinen Worten zu gestalten. Mit ihm dürfen wir leben. Und nach seiner Verheißung auch einmal ewig bei ihm sein in seiner himmlischen Herrlichkeit                Amen.