Bild: Karin Wenger-Schnaible

Predigt am Sonntag Kantante, 10. Mai 2020

Sonntag Kantate                                            Schorndorf, 10. Mai 2020
Predigt über 2. Chronik 5,2-5.12-14           Pfr. Rainer Härer

Gnade sei mit uns - und Friede, von Gott unserem Vaterund unserem Herrn Jesus Christus,der da ist und der da war und der da kommen wird. Amen! 

Der Wochenspruch zum Sonntag Kantate steht in Psalm 98,1:
Singet dem HERRN ein neues Lied, denn er tut Wunder.

Der Predigttext für den heutigen Sonntag steht im Buch 2. Chronik 5:
2     Da versammelte Salomo alle Ältesten Israels,
       alle Häupter der Stämme und die Fürsten der Sippen Israels in Jerusalem,
       damit sie die Lade des Bundes des HERRN hinaufbrächten
       aus der Stadt Davids, das ist Zion.
3     Und es versammelten sich beim König alle Männer Israels zum Fest,
       das im siebenten Monat ist.
4     Und es kamen alle Ältesten Israels, und die Leviten hoben die Lade auf
5     und brachten sie hinauf samt der Stiftshütte und allem heiligen Gerät,
       das in der Stiftshütte war; es brachten sie hinauf die Priester und Leviten.
12   und alle Leviten, die Sänger waren, nämlich Asaf, Heman und Jedutun
       und ihre Söhne und Brüder, angetan mit feiner Leinwand,
       standen östlich vom Altar mit Zimbeln, Psaltern und Harfen
       und bei ihnen hundertzwanzig Priester, die mit Trompeten bliesen.
13   Und es war, als wäre es einer, der trompetete und sänge,
       als hörte man eine Stimme loben und danken dem HERRN.
       Und als sich die Stimme der Trompeten, Zimbeln und Saitenspiele erhob
       und man den HERRN lobte: »Er ist gütig, und seine Barmherzigkeit währt ewig«,
       da wurde das Haus erfüllt mit einer Wolke, als das Haus des HERRN,
14   sodass die Priester nicht zum Dienst hinzutreten konnten wegen der Wolke;
       denn die Herrlichkeit des HERRN erfüllte das Haus Gottes.

 

Liebe Gemeinde,
Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder.“ Diese Aufforderung des biblischen Wochenspruchs aus Psalm 98 steht über dem Sonntag Kantate. Normalerweise tun wir das auch in unseren Gottesdiensten an diesem Tag: Gott loben mit Liedern und festlicher Musik. Durch die Chöre und die Instrumentalisten. Und durch den Gesang der Gemeinde. Gott loben – mit Herzen Mund und Händen.

Normalerweise. Denn es macht uns zu schaffen: dass wir zurzeit immer noch nicht miteinander Gottesdienst feiern können. Dass wir leider nicht gemeinsam mit den Schwes-tern und Brüdern im Glauben Gott im Gottesdienst loben können. Natürlich sind wir dankbar für die Gottesdienste im Internet. Für die gedruckten Predigten. Für den Zuspruch aus Gottes Wort. Dennoch sehnen wir uns nach Normalität. Und wir freuen uns darauf, wenn wir in der Kirche wieder mit der ganzen Gemeinde Gottesdienst feiern können.

Aber nun zum Predigttext für den heutigen Sonntag Kantate aus dem 2. Chronikbuch im Alten Testament. Wir haben ihn vorhin gehört. Er berichtet von der Einweihung des Tempels in Jerusalem, den König Salomo hat erbauen lassen. Eigentlich hatte schon der König David den Wunsch gehabt, diesen Tempel für Gott zu errichten. Einen Ort, an dem Gott gegenwärtig ist. Einen Ort, wo Gott sich auch auf Erden in seiner Herrlichkeit zeigt. Doch David durfte den Tempel nicht bauen. Gott hatte es ihm verwehrt. Aber sein Sohn Salomo konnte schließlich Davids Plan in die Tat umsetzen. Er baute den Tempel, ein großartiges, herrliches Gebäude zur Ehre Gottes, das man schon von weitem sehen konnte. Dann kam der Tag der Einweihung des Tempels mit dem festlichen Gottesdienst.

1.  Gottesdienst feiern – weil Gott sich finden lässt
König Salomo weiß: Eigentlich braucht Gott kein Haus auf Erden. Denn er, der Schöpfer Himmels und der Erden, er lässt sich überall finden. Salomo ist sich darüber im Klaren. Trotzdem hat Gott sein Ja zum Bau des Tempels gegeben. Deshalb betet der König bei der Einweihung des Tempels voller Staunen: „Siehe, der Himmel und aller Himmel Himmel können dich nicht fassen; wie sollte es dann dies Haus tun, das ich gebaut habe?“ (2. Chronik 6,18b). Aber Gott will tatsächlich hier im Tempel gegenwärtig sein und sich von seinem Volk finden lassen!
Nun wird die goldene Bundeslade in einer feierlichen Prozession zum Tempelberg hinaufgetragen und ins Allerheiligste des Tempels gebracht. Die Lade mit den beiden Tafeln der Zehn Gebote als Zeichen der Gegenwart Gottes. Jetzt ist Gott wirklich im Tempel gegenwärtig.

Liebe Gemeinde, wir Christen sind heute nicht mehr an einen besonderen Ort gebunden, um mit Gott in Verbindung zu kommen. Der Apostel Paulus schreibt über die Leute, die an Jesus Christus glauben und zu ihm gehören: „Ihr seid Gottes Tempel und der Geist Gottes wohnt in euch“ (1. Ko-rinther 3,16). Und im 2. Korintherbrief: „Wir aber sind der Tempel des lebendigen Gottes“ (2. Korinther 6,16). Oder
mit dem Apostel Petrus gesagt: Jeder Christ ist wie ein lebendiger Baustein in dieses geistliche Haus eingebaut, in dem Gott wohnt (1. Petrus 2,5).

Und dennoch freuen wir uns über unsere Gotteshäuser. Über unsere Kirchen, in denen wir zusammen kommen können. Wo wir Gottesdienst feiern und Gemeinschaft erleben dürfen. Wo Jesus Christus, unser Herr, unsichtbar und doch gegenwärtig ist in unserer Mitte. Es stimmt, was der Psalmbeter bekennt: „Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses und den Ort, da deine Ehre wohnt“ (Psalm 26,8). Denn hier will uns sein Wort erreichen: seine Liebe, seine Vergebung, sein Segen. Und hier können wir uns immer wieder im Glauben stärken und für die neue Woche ermutigen lassen.  
Gottesdienst feiern – weil Gott sich finden lässt. Das war der erste Punkt.

Gemeinsames Singen

2.  Gottesdienst feiern – Gott loben durch gabenorientierte Mitarbeit
Priester haben die Bundeslade ins Allerheiligste des Tempels hineingetragen. Dort hat sie ihren Platz gefunden. Nun wird Gottesdienst gefeiert. Nicht nur die Priester sind dabei, sondern auch die Leviten, die Tempeldiener. Sowie alle anderen Mitarbeiter und die ganze Gemeinde. Sie wollen alle Gottes Herrlichkeit erleben, sie wollen Gott von ganzem Herzen loben. Auch wir als Gemeinde brauchen das Zusammensein im Gottesdienst. Damit wir etwas von der Herrlichkeit und Größe Gottes erleben. Wir brauchen die Gemeinschaft der Schwestern und Brüder im Glauben an Jesus Christus. Damit wir uns gegenseitig stärken, helfen und Mut zusprechen. Allein können wir auf dem Glaubensweg ja nicht bestehen. Als Christ allein durchs Leben gehen wollen: das ist wie mit einem Stück Holz, das aus dem Feuer herausgenommen wird. Es mag eine Weile noch brennen und glimmen, aber dann verlöscht es schließlich. Deshalb brauche wir einander.

Nun wird im Tempel ein wunderbarer musikalischer Gottesdienst gefeiert. Der Sängerchor der Leviten, die Musikanten mit ihren Instrumenten und dazu der große Posaunenchor. Vielstimmig ertönt das Lob Gottes. Ganz besonders wird hervorgehoben, dass alles ohne Misston, in großer musikalischer Harmonie geschieht. Im Predigttext heißt es: „Und es war, als wäre es einer, der trompetete und sänge, als hörte man eine Stimme loben und danken dem Herrn“ (13). Von ganzen Herzen loben sie Gott mit den Worten: „Er ist gütig, und seine Barmherzigkeit währt ewig“ (13).

Wir sind sehr dankbar, wenn wir unsere Gottesdienste bald wieder in der Kirche feiern können. Miteinander. Als Gemeinde. Als Menschen, die vielfältige Gaben haben. Denken wir heute, am Sonntag Kantate, an die musikalischen Gaben: Was wären wir ohne unsere Organisten, ohne virtuose Klavierspieler, die uns beim Gemeindegesang begleiten. Was wären wir ohne Flöte- und Violinspielerinnen? Was wären wir ohne die Chöre und die Chorleiter? Ohne die Sängerinnen und Sänger, ohne Bläserinnen und Bläser? Ohne die Bands mit den verschiedenen Instrumenten? Ohne sie würde Entscheidendes im Gottesdienst fehlen!

Mit ihnen zusammen können wir unseren großen Gott loben mit unseren Liedern. Mit alten Liedern wie: „Nun danket alle Gott.“ Mit neueren wie: „Dass du mich einstimmen lässt in deinen Jubel, o Herr.“ Oder mit »Feiert Jesus-Liedern« wie „Allein deine Gnade genügt“ und anderen, neueren Anbetungsliedern. Eben: gabenorientiert im Gottesdienst mitwirken. Gott loben mit Herzen, Mund und Händen.

Liebe Gemeinde, was wäre das für eine Harmonie, was für ein Wohlklang, wenn alle in der Gemeinde mit ihren verschiedenen Gaben und Diensten Gott loben und zu seiner Ehre leben. Unser ganzes Leben soll ein Lob Gottes sein. Von unserem Glauben an den dreieinigen Gott soll etwas aus der Kirche hinausstrahlen in unseren Alltag hinein. So können andere Menschen auf Gott aufmerksam werden. Und hoffentlich noch manche zum Glauben an Jesus Christus finden. Zum rettenden Glauben an ihn, der für unsere Schuld am Kreuz gestorben ist. Und der uns den Weg zu Gott freigemacht hat.
Gottesdienst feiern – Gott loben durch gabenorientierte Mitarbeit.

Das war der 2. Punkt.        Zum Schluss:

Musikverein

3. Gottesdienst feiern – und mit Gottes Gegenwart rechnen
Während des musikalischen Gotteslobs der vereinigten Chöre zieht Gott in den Tempel ein. Seine Herrlichkeit zeigt sich in einer Wolke, die das ganze Gotteshaus erfüllt. Von diesem Geschehen sind alle stark ergriffen. Staunende Stille breitet sich im Tempel aus. Gott ist da.
„Gott ist gegenwärtig. Lasset uns anbeten und in Ehrfurcht vor ihn treten.
 Gott ist in der Mitte. Alles in uns schweige und sich innigst vor ihm beuge“
(EG 165,1),
so bekennt der Liederdichter Gerhard Tersteegen.
Wo Gottes Herrlichkeit aufleuchtet, da rückt der Mensch in die zweite Reihe. Die Priester im Tempel können ihren Dienst nicht fortsetzen. Gott hat jetzt allein das Wort.
Für uns Christen leuchtet die Herrlichkeit Gottes auf in Jesus Christus.
Wenn wir als Gemeinde Jesus Christus ins Zentrum rücken, dann ist Gott gegenwärtig. Gegenwärtig mit seinem Wort. Mit dem Zuspruch der Vergebung. Mit seinem Segen. Gegenwärtig als unser himmlischer Vater, der es gut mit uns meint.

Wo aber Jesus Christus nicht in der Mitte des Gottesdienstes steht, bleibt dieser leer und inhaltslos. Da bringt der ganze Gottesdienst nichts. Da fehlt es an Orientierung und an Erkenntnis Gottes, an der Kraft der Vergebung und an der Gewissheit des Glaubens. Da tritt dann Gottes Herrlichkeit nicht mehr in Erscheinung.

Manche kennen sicher noch Wilhelm Busch. Nein, nicht den Humoristen. Sondern den bekannten Essener Jugendpfarrer, Evangelisten und Autor des Buches »Jesus unser Schicksal«. In einer Artikelserie unter dem Titel: »Was bremst denn da?« hat er auf Missstände und Fehlentwicklungen in christlichen Gemeinden hingewiesen.
»Was bremst denn da?« vielleicht unsere Gottesdienste, sodass Jesus Christus nicht mehr allein in der Mitte steht?
•    Etwa der Gedanke: Wir machen Gottesdienst.
      Wir strengen uns an, damit es ein guter Gottesdienst wird.
•    Oder die Meinung, bei frommem Getue und salbungsvollem Reden sei Gott
      besonders gegenwärtig.
•    Oder die Meinung, Gott müsse für uns immer verfügbar sein, sozusagen parat stehen.
•    Aber auch der Ehrgeiz, selbst vorne dran stehen zu wollen; ehrenkäsiges Verhalten;
      ein Streit, der nicht beigelegt ist, sondern unterschwellig weiter schwelt.

Der Monatsspruch für Mai kann hier »die Bremse lösen« und uns weiterhelfen.
Er lautet: „Dienet einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat
                 als die guten Haushalter der mancherlei Gnade Gottes
“ (1. Petrus 4,10)

Nicht wir sind die Macher eines gesegneten Gottesdienstes, sondern ER: unser Gott!
Nicht wir Menschen stehen im Mittelpunkt mit unseren Gaben und Fähigkeiten, die Gott uns gegeben hat, sondern er. Wir dürfen aber Helferinnen und Helfer sein, Mitarbeiter Jesu. Die er in seinen Dienst gerufen hat, damit wir die Liebe Gottes in Wort und Tat weitersagen.
Damit wir wie der große Chor im Tempel von Herzen Gott loben:
Er ist gütig, und seine Barmherzigkeit währt ewig.
Und so erleben: Gott ist gegenwärtig!   Amen.

Herbstmusik